Was ist Maßregelvollzug?

Psychisch kranke oder suchtkranke Straftäter kommen in den Maßregelvollzug.Zunächst muss jedoch ein psychiatrischer Gutachter sorgfältig prüfen:
Ist ein Angeklagter schuldfähig, dann bekommt er eine Haftstrafe. Ist ein Angeklagter schuldunfähig oder vermindert
schuldfähig und psychisch krank und geht von ihm wegen seiner Störung erhebliche Gefahr aus, dann kann ein Richter
die Einweisung in den Maßregelvollzug anordnen.

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Was ist forensische Psychiatrie?

Forensische Psychiatrie ist ein Teilgebiet der Psychiatrie, das sich mit juristischen Fragen befasst.
„Forensisch“ kommt aus der griechischen Sprache und bedeutet „gerichtlich“.

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Was sind die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen?

§ 63 StGB:
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit
(§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die
Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige
Taten zu erwarten sindund er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

§ 64 StGB:
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
Dies ist der entsprechende Paragraph für Straftaten, die unter Alkohol- und Drogeneinfluss begangen wurden.

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Wer ist politisch zuständig?

Maßregelvollzug ist Ländersache. In vielen Bundesländern ist das Gesundheits-/Sozialministerium zuständig, in einigen
das Justizministerium. Nicht alle Bundesländer haben ein Maßregelvollzugsgesetz.

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Wie lange dauert die Unterbringung?

Die Maßregel der Besserung und Sicherung ist die einzige freiheitsentziehende Maßnahme in Deutschland, deren Dauer
nicht begrenzt ist. Lockerungen in der Unterbringung, Beurlaubungen oder Entlassungen richten sich allein nach dem
Therapiefortschritt. Im Einzelfall bedeutet das: Macht der Patient keine Therapiefortschritte, bleibt er für immer
eingesperrt, damit die Gesellschaft vor ihm geschützt ist.

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Welche Straftaten führen zur Unterbringung?

Körperverletzungen, Tötungen und versuchte Tötungen sind die Delikte von knapp der Hälfte der psychisch kranken und
intelligenzgeminderten Patienten. Knapp ein Drittel von ihnen wurde für sexuellen Missbrauch von Kindern sowie
Vergewaltigung und sexuelle Nötigung angeklagt. Bei den suchtkranken Straftätern hingegen überwiegen Raub- und
Eigentumsdelikte – die meisten Taten hängen mit der Beschaffungskriminalität zusammen.

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Was sind die häufigsten Krankheitsbilder?

Psychosen:
Das sind schwere psychische Erkrankungen, bei denen die Betroffenen einen massiv gestörten Bezug zu sich und zur
Umwelt haben. Das Denken und Fühlen ist schwer beeinträchtigt. Unter dem Eindruck von Wahnvorstellungen und
Halluzinationen kann es zu Angriffen auf Dritte kommen, Opfer sind nicht selten Angehörige oder Freunde des Patienten.
Rund 45 Prozent der psychisch kranken Maßregelvollzugspatienten sind an einer Psychose erkrankt.

Persönlichkeitsstörungen:
Grund dafür sind häufig schwierige Familiensituationen und in Kindheit oder Jugend erlittene schwere
Traumatisierungen, etwa durch selbst erlittenen sexuellen Missbrauch. Die Betroffenen unterscheiden sich grundlegend
von gesunden Menschen: Im Denken, Erleben und Verhalten sowie in Ihrer Fähigkeit, eigene Impulse zu kontrollieren.
Sie nehmen Gefühle bei sich und anderen kaum wahr, was besonders bei Konflikten zum Ausdruck kommt.

Sexuelle Deviation:
Patienten mit abweichendem sexuellen Verhalten haben dranghafte Bedürfnisse, Phantasien oder Verhaltensweisen, die
sich auf ungewöhnliche Objekte, Aktivitäten oder Situationen beziehen. Bei den Straftätern äußert sich dies vor allem im
Kindesmissbrauch und im sexuellen Sadismus.

Intelligenzminderung:
Manche Patienten sind in ihrer geistigen Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt. Dadurch sind einige nur bedingt in
der Lage, die Regeln menschlichen Zusammenlebens zu lernen und die Grenzen anderer Menschen zu erkennen und zu
respektieren. Allmählich setzt sich fast überall ein gesondertes Behandlungskonzept für diese Klientel durch.

Suchterkrankungen:
Im Maßregelvollzug befinden sich vor allem alkohol-, drogen- oder medikamentenabhängige Patienten, wobei diese nicht
selten von mehreren Suchtstoffen gleichzeitig abhängig sind. Bei den illegalen Drogen stehen Substanzen mit sehr
unterschiedlichen Suchtpotenzialen wie Heroin, Kokain, LSD, Cannabis und Ecstasy im Vordergrund.

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Ist die Sicherheit gewährleistet?

Bei der Behandlung der Patienten steht Sicherheit obenan. Neben umfangreichen baulichen und technischen
Sicherheitsmaßnahmen stellt die fachgerechte Therapie und Betreuung durch qualifiziertes Personal den nachhaltigsten
Schutz für die Bevölkerung – und auch für das Personal selbst – dar. Die Behandlung greift dort ein, wo die Ursachen für
die Tat liegen, bei der zugrunde liegenden psychischen Störung oder Suchterkrankung.

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Was ist Ziel der Behandlung?

Ziel der Behandlung im Maßregelvollzug ist es, die Untergebrachten (wieder) in die Gesellschaft einzugliedern und auf
ein straffreies und möglichst eigenständiges Leben vorzubereiten.

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Sind auch Frauen im Maßregelvollzug untergebracht?

Ja, aber nur relativ wenige. Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 8000 Patienten im Maßregelvollzug (2008), davon
sind etwa 5 Prozent Frauen.

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Welche Berufsgruppen arbeiten im Maßregelvollzug?

Das Team der Behandler im Maßregelvollzug ist multiprofessionell besetzt. An der Behandlung der Besserung und
Sicherung der psychisch krankenStraftäter wirken mit: Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen,
Ergotherapeuten, Sporttherapeuten, Bewegungstherapeuten und Lehrer sowie vor allem Krankenschwestern und
Krankenpfleger, Heilerziehungspfleger und Erzieher. Die Mitarbeiter aus den verschiedenen Berufen und Arbeitsfeldern
tauschen sich regelmäßig in Besprechungen über ihre Beobachtungen und Erfahrungen aus. Das ist wichtig, weil jeder
Mitarbeiter die Patienten aus einem anderen Blickwinkel beurteilt. Daraus formt sich der jeweilige Behandlungsplan für
den Patienten.

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Warum gibt es Lehrer im Maßregelvollzug?

Jeder siebte Patient im Maßregelvollzug ist Analphabet bzw. funktioneller Analphabet. Sie sind in den Kulturtechniken
Lesen, Schreiben und Rechnen nicht in der Lage, die grundlegenden Anforderungen unserer Gesellschaft in Familie,
Freizeit und Beruf zu erfüllen. Etwa 60 Prozent haben keinerlei Schulabschluss, mehr als zwei Drittel keine Ausbildung.
Ein Mindestmaß an Bildung und Ausbildung ist ein wesentlicher Baustein für eine Eingliederung in die Gesellschaft.

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